Aktuelles

2024

Moor, Brasilien und die COP30

Neues Informationspapier & Perspektive für einen „Moordurchbruch“ auf der COP30

The Peatlands of Brazil

22/11/24 Während die UNFCCC COP29 in Baku, Aserbaidschan, zu Ende geht, weisen Wissenschaftler bereits auf Potential für die nächste COP, welche in Brasilien stattfinden wird. Schon jetzt weisen Wissenschaftler:innen auf das wenig beachtete, aber riesige Klimapotenzial der brasilianischen Moorgebiete hin. Das kohlenstoffreichste Ökosystem des Landes ist nahezu ungeschützt und durch großflächige Landwirtschaft und Abholzung massiv bedroht, heißt es in einem neuen Informationspapier des Greifswalder Moorzentrums und seiner Partner.

In Brasilien dominiert auf einer Fläche von 17.000 km² der Torf, auf weiteren 209.000 km² kommt Torf stellenweise vor. Diese Gebiete befinden sich in Amazonien, in der Cerrado-Savanne, in den Küstengebieten sowie in Gebirgsregionen und im Hochland verteilt. Das brasilianische Amazonasgebiet, z. B. das Einzugsgebiet des Rio Negro und die Flusstäler, ist eindeutig der brasilianische Hotspot für Torfgebiete.

Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) schätzt den Kohlenstoffbestand in den Mooren auf 39 Gt. Es wird außerdem davon ausgegangen, dass 3 540 km² organischer Böden derzeit landwirtschaftlich genutzt werden, was Treibhausgasemissionen von mindestens 18 Mio. t CO2-e verursacht. Die Forscher:innen gehen jedoch davon aus, dass diese Zahl zu niedrig angesetzt ist. Die brasilianischen Moore dienen zudem als Wasserspeicher, der für die Trockenzeit und zur Prävention von Waldbränden dringend benötigt wird.

Allerdings meldet Brasilien dem UNFCCC keine Kohlenstoffemissionen aus der Landnutzung auf organischen Böden. Treibhausgasemissionen, die z. B. durch Entwässerung von Mooren, Dürre, Torfbrände, Landwirtschaft und städtische Eingriffe entstehen, bleiben unberücksichtigt. Auch ist der Schutz von Feuchtgebieten im Allgemeinen derzeit vom wichtigsten brasilianischen Naturschutzgesetz, dem Bundesgesetz zum Schutz der heimischen Vegetation (LPVN), ausgenommen (12.651, Mai 2012). So sind Aktivitäten mit negativen Auswirkungen wie die Beweidung mit Rindern und die Entnahme von Wasser für den Hausgebrauch in Feuchtgebieten weiterhin erlaubt.

„Die brasilianischen Moorgebiete sind quasi unbekannt und nicht geschützt und durch industrielle Landwirtschaft, wie Sojaproduktion, Rinderzucht, Entwaldung und Klimawandel ernsthaft bedroht. Wir müssen die Moore Brasiliens dringend besser verstehen und schützen“, sagt Felix Beer, einer der Autoren des neuen Informationspapiers.

Da sich die Moore über unglaublich große Gebiete erstrecken und die Moorforschung in Brasilien eine recht junge Disziplin ist, ist der tatsächliche Umfang der dortigen Moore äußerst ungewiss. Es besteht ein erheblicher Bedarf an intensiverer Erfassung, rechtlichem Schutz und Schutzmaßnahmen sowie an der Behebung von Wissenslücken usw.. Alexandre Christofaro Silva, Professor für Forstingenieurwesen an der Föderalen Universität von Jequitinhonha und dem Mucuri-Tal, fordert: „Die Erhaltung der brasilianischen Torfgebiete ist nicht nur für traditionelle Völker und regionale Gemeinschaften, sondern für die gesamte Menschheit von großer Bedeutung. Auf der COP30 müssen wir diese Gebiete auch in Brasilien auf die Tagesordnung setzen und dafür kämpfen, dass ihre Anthropisierung (Feuer, Entwässerung, Weiden) gestoppt wird, so wie wir dafür kämpfen, dass die Abholzung des Amazonas-Regenwaldes gestoppt wird.“

Mit Blick auf den Klimagipfel im nächsten Jahr erklärt Cinthia Soto Golcher, verantwortlich für Climate Change Advocacy bei Wetlands International: „Um die Ziele des Pariser Abkommens zur Eindämmung des Klimawandels und zur Anpassung an den Klimawandel zu erreichen, müssen entwässerte Moore restauriert und wiedervernässt werden. Dies kann nicht von einigen wenigen Akteuren allein erreicht werden, sondern erfordert die Mobilisierung von nationalen und internationalen Interessengruppen und Ressourcen. Daher sehen wir die COP 30 in Brasilien als eine historische Chance - und Verantwortung - für die internationale Gemeinschaft, ein bedeutendes und transformatives Kapitel für Moore voranzutreiben, in dem sie als Teil des Weges zu einem widerstandsfähigen 1,5 °C-Planeten bis 2050 ernsthaft berücksichtigt werden.“

Global Peatland Hotspot Atlas

Gelauncht auf COP Baku

Cover Global Peatland Hotspot Atlas (published with kind permission of UNEP)

21/11/24 Brandneu: der neue Global Peatland Hotspot Atlas heute vorgestellt in einem Side event zu Mooren auf der Klimakonferenz COP 29 in Baku! Der Atlas präsentiert die aktuellsten Daten zu den Mooren der Welt in einer Global Peatland Map 2.0 und visualisiert ihre globale Bedrohungen aber auch Chancen.

Das ist neu:
- Regionalkarten aller sechs Kontinenten
- Themenkarten zu Biodiversität, Permafrost, Wasserversorgung und mehr
- Karten zu Degradation, Treibhausgasemissionen, Moornutzung, Umweltrisiken usw.

Der unglaublich informative und gut illustrierte Global Peatland Hotspot Atlas ist ein Aufruf zum Handeln, um Moore in den Mittelpunkt der globalen Umweltagenda zu stellen! Er ermöglicht Entscheidungsträgern, potenzielle Regionen für Erhalt, Wiederherstellung und nachhaltige Bewirtschaftung abzustecken und entsprechend zu handeln.
Der Global Peatland Hotspot Atlas wurde von UNEP als Produkt der Global Peatlands Initiative herausgegeben mit Karten des Greifswald Moor Centrum.

4. RRR-Konferenz September 2025

Erste Informationen zu Programm, Referenten, Exkursionen...

Announcement for RRR-conference; Pic: Typha arvest by caterpillar  (Foto: Tobias Dahms)

20/11/24 Gemeinsam organisiert vom Greifswald Moor Centrum und dem Thünen-Institut findet die 4. RRR-Konferenz "Renewable Resources from Wet and Rewetted Peatlands" vom 23. – 26. September 2025 in Greifswald statt.
Die Wiedervernässung von Mooren und nachhaltige Landnutzungskonzepte sind ein Schlüssel im Kampf gegen die Klimakrise. Um zukunftstaugliche Lösungen voranzutreiben, will die 4. RRR-Konferenz Wissenschaft und Praxis zusammenführen und lädt Wissenschaftler, Landbesitzer und Landnutzer sowie Personen aus Verwaltung, Wirtschaft, Kunst und Design, Politik und Naturschutz und weitere Interessierte zur Teilnahme ein.

Sie bietet einen Blick auf 25 Jahre Fortschritte in der Paludikultur und widmet sich unter anderen den Themen Governance, Biodiversität, Biomassenutzung und Photovoltaik auf wiedervernässten Mooren. Workshops, Postersessions und Ausstellungen stehen auf dem Programm. Ein ganzer Nachmittag soll vor allem Erfahrungen aus der Praxis hervorheben. So haben Vertreter aus Baubranche und Handwerk, Hersteller und andere die Möglichkeit, ihre Produkte in einer Ausstellung zu präsentieren und Projekte in Pitches auf einer Bühne vorzustellen.
Exkursionen der Konferenz führen zu einem Typha-Zuchtstandort im Peenetal, einer Küstenflutmoorrenaturierung mit Beweidung (Karrendorfer Wiesen) und zu einer Büffelbeweidung in Küstenmooren (Halbinsel Darß) – alle drei Standorte liegen in Mecklenburg-Vorpommern. Eine Exkursion zu Sphagnum-Paludikultur ist im Hankhauser Moor in Niedersachsen vorgesehen.

Die Registrierung ist ab Anfang 2025 möglich und Abstracts können bis zum 31. Mai 2025 eingereicht werden. Alle Informationen im Detail finden Sie auf der RRR-Konferenzwebsite.
Wenn Sie selbst z.B. einen Workshop anbieten oder Ihr Projekt auf der Ausstellung präsentieren möchten, erreichen Sie das Orga-Team der Konferenz unter info@rrr2025.com.

Moorsound & Lichtkunst

Vernissage EIN:FLUSS:RAUM:MOOR

30/10/24 EIN:FLUSS:RAUM:MOOR, die gemeinsame Ausstellung von MONAS-Collective und Greifswald Moor Centrum, ist vom 31.10.-7.12.2024 in der Spielhalle Kunst in Greifswald zu sehen. Sie zeigt das Moor als Klang- und Licht-Kunstwerk inspiriert von Caspar David Friedrich und seiner Faszination für Landschaft. Im Jubiläumsjahr des Malers lädt die Ausstellung mit einer Kombination von Klimadaten, Audioaufnahmen, Lichtprojektion und Exponaten ein, die Schönheit und Bedeutung von Moorlandschaft auf ungewöhnliche Weise zu erleben.
Mit Bodenmikrofonen im Kieshofer Moor und den Karrendorfer Wiesen haben die Künstler den Sound eingefangen. Zusammen mit Daten aus Treibhausgasmessungen der GMC-Wissenschaftler werden diese in der Ausstellung in Lichtimpulse umgesetzt. Auch die anwesenden Besucher beeinflussen das System, denn auch in Echtzeit misst die Installation z.B. CO2-Werte im Raum.
Erleben lässt sich die Klang-Bild-Skulptur zu Moor kostenfrei von Mittwoch bis Sonntag, 11-17 Uhr.
Eine kostenfreie Führung durch die Ausstellung gibt es am 9. November um 14 Uhr. Wie sich Klimathemen in weiteren künstlerischen Formaten kommunizieren lassen, dazu präsentieren Studenten der Landschaftsökologie der Universität Greifswald am 19. November öffentlich in der Spielhalle Kunst. Eine Moorwanderung kombiniert mit einer letzten Führung bietet das Caspar David Friedrich-Jubiläumsbüro am 23. November ab 13 Uhr.

Applaus mit Schilf

Feierliche Umweltpreis-Verleihung

Franziska Tanneberger mit dem Deutschen Umweltpreis

27/10/24 Sie funktioniere in Hörsaal, Feld und in der Bundestagsanhörung – Moorforscherin Franziska Tanneberger sei eine Wissenschaftlerin, wie man sie sich wünsche. Und Ingenieur Thomas Seidel habe das "Schweizer Taschenmesser der Elektromobilität" gegen die deutsche „Reichweitenangst“ entwickelt. Die Wahl der Preisträger*in für den Deutschen Umweltpreis sei in diesem Jahr nicht schwergefallen, sagten Generalsekretär Alexander Bonde und Kuratoriumsvorsitzender Kai Niebert der Presse vor der feierlichen Preisverleihung.

Tanneberger und Speidel geht es um einen Abschied vom „Verbrennen“ – auf ganz unterschiedliche Weise. Der Unternehmer bei ADS-TEC Energy bringt mit schnellen Ladestationen Elektromobilität voran. Die Wissenschaftlerin an der Universität Greifswald und Co-Leiterin des Greifswald Moor Centrum will die Oxidation durch das Entwässern von Moorböden stoppen und die Chancen von natürlichem Klimaschutz durch nasse Moore zeigen.
„Wir dürfen uns nicht damit zufriedengeben, die Klimaziele regelmäßig zu verfehlen“, findet Tanneberger. Sie schätzt den Preis, weil er Aufmerksamkeit für Lösungen schafft und weil er eine große Anerkennung für das gesamte Greifswalder Moor-Team ist. Dessen Vertreter*innen wedelten zum Applaus mit Schilf.

Lösungen betonte auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seiner Rede: Ladestationen so selbstverständlich wie früher Telefonzellen, stellt er sich vor. Die habe es überall gegeben – außer im Moor, sagte Steinmeier. Dessen Image wandele sich angesichts der Klimakrise von unheimlich zu segensreich. Signale, meinte Franziska Tanneberger, senden uns die Moore auch ganz ohne Telefonzelle darin. Mit ihrem Teil des Preisgeldes möchte sie weitere Forschung und Umsetzung zu Klima- und Biodiversitätsschutz in Mooren und deren nachhaltige Nutzung finanzieren.

Zum Deutschen Umweltpreis:
Mit dem Deutschen Umweltpreis ehrt die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) jährlich Leistungen von Menschen, die vorbildlich zum Schutz und Erhalt der Umwelt beitragen. Der Preis ist mit insgesamt 500.000 Euro dotiert und wird vom Bundespräsidenten überreicht. Hier die Medienberichte von tagesschau und weiteren.