Paludikultur-Newsletter 5|2024
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Moor und Klima - allgemein
Neu: Global Peatland Hotspot Atlas
Gelauncht auf dem Klimagipfel in Baku zeigt die Publikation von UNEP mit Karten des Greifswald Moor Centrum, wo es am meisten „brennt“ zu Mooren weltweit.
Der neue Global Peatland Hotspot Atlas, vorgestellt in einem Side event zu Mooren auf der Klimakonferenz COP 29 in Baku, präsentiert die aktuellsten Daten zu den Mooren auf dem Globus. Mit einer Global Peatland Map 2.0 visualisiert die Publikation globale Bedrohungen der Moore, aber auch ihre Chancen.
Das ist neu:
- Karten für jeden der sechs Kontinente
- Themenkarten zu Biodiversität, Permafrost, Wasserversorgung und mehr
- Karten zu Degradation, Treibhausgasemissionen, Moornutzung, Umweltrisiken usw.
Der unglaublich informative und gut illustrierte Global Peatland Hotspot Atlas ist ein Aufruf zum Handeln, um Moore in den Mittelpunkt der globalen Umweltagenda zu stellen! Er ermöglicht Entscheidungsträgern, potenzielle Regionen für Erhalt, Wiedervernässung und nachhaltige Bewirtschaftung abzustecken und entsprechend zu handeln.
Der Global Peatland Hotspot Atlas wurde von UNEP als Produkt der Global Peatlands Initiative herausgegeben mit Karten des Greifswald Moor Centrum.
Applaus mit Schilf
Beiden geht es um den Abschied vom Verbrennen, aber auf ganz unterschiedliche Weise. Für ihr Engagement haben Franziska Tanneberger und Thomas Speidel den Deutschen Umweltpreis bei einer feierlichen Verleihung Ende Oktober überreicht bekommen.
Sie funktioniere in Hörsaal, Feld und in der Bundestagsanhörung – Moorforscherin Franziska Tanneberger sei eine Wissenschaftlerin, wie man sie sich wünsche. Und Ingenieur Thomas Speidel habe das „Schweizer Taschenmesser der Elektromobilität“ gegen die deutsche „Reichweitenangst“ entwickelt. Die Wahl der Preisträger*in für den Deutschen Umweltpreis sei in diesem Jahr nicht schwergefallen, sagten Generalsekretär Alexander Bonde und Kuratoriumsvorsitzender Kai Niebert der Presse vor der feierlichen Preisverleihung am 27. Oktober in Mainz.
Tanneberger und Speidel geht es um einen Abschied vom „Verbrennen“ – auf ganz unterschiedliche Weise. Der Unternehmer bei ADS-TEC Energy bringt mit schnellen Ladestationen Elektromobilität voran. Die Wissenschaftlerin an der Universität Greifswald und Co-Leiterin des Greifswald Moor Centrum will die Oxidation durch das Entwässern von Moorböden stoppen und die Chancen von natürlichem Klimaschutz durch nasse Moore zeigen.
„Wir dürfen uns nicht damit zufriedengeben, die Klimaziele regelmäßig zu verfehlen“, findet Tanneberger. Sie schätzt den Preis, weil er Aufmerksamkeit für Lösungen schafft und weil er eine große Anerkennung für das gesamte Greifswalder Moor-Team ist. Dessen Vertreter*innen wedelten zum Applaus mit Schilf.
Lösungen betonte auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seiner Rede: Ladestationen so selbstverständlich wie früher Telefonzellen, stellt er sich vor. Die habe es überall gegeben – außer im Moor, sagte Steinmeier. Dessen Image wandele sich angesichts der Klimakrise von unheimlich zu segensreich. Signale, meinte Franziska Tanneberger, senden uns die Moore auch ganz ohne Telefonzelle darin. Mit ihrem Teil des Preisgeldes möchte sie weitere Forschung und Umsetzung zu Klima- und Biodiversitätsschutz in Mooren und deren nachhaltige Nutzung finanzieren.
Zum Deutschen Umweltpreis:
Mit dem Deutschen Umweltpreis ehrt die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) jährlich Leistungen von Menschen, die vorbildlich zum Schutz und Erhalt der Umwelt beitragen. Der Preis ist mit insgesamt 500.000 Euro dotiert und wird vom Bundespräsidenten überreicht. Hier die Medienberichte von tagesschau und weiteren.
Das Paludikultur-Interview
Wie gedruckt? In 3D mit Schilf!
Ersatz für erdölbasierte Kunststoffe braucht auch der 3-D-Druck. Wie Pflanzenfasern die Eigenschaften von neuen Werkstoffen dafür verbessern können, erforscht Wissenschaftler Jonas-Rumi Baumann an der Hochschule Bremen. Bei ihm kommen auch Paludikultur-Pflanzen wie Rohrkolben und Schilf in den 3-D-Drucker.
Herr Baumann, drucken Sie für Ihre Forschung ständig kleine Figürchen im 3-D-Drucker – wie muss man sich das vorstellen?
Das würde ich gerne, aber so weit sind wir noch nicht. Erstmal sind wir dabei, den Werkstoff für den Druck zu entwickeln. Mich persönlich fasziniert der 3-D-Druck. Wenn ein kleines Teil an meinem Kühlschrank kaputt gegangen ist, kann ich es einfach nachdrucken.
Was machen Sie dann genau?
Bei uns geht es um Compounds – um Verbindung von Kunststoff mit Biomasse, um so erdölbasierte Anteile in Produkten zu reduzieren. Pflanzenfasern können deren Eigenschaften verbessern. Solche Mischungen heißen „Naturfaserverbundwerkstoffe“. Ich untersuche diese neuen Werkstoffe an sogenannten Prüfkörpern - das sind Testteile - auf ihre mechanischen Eigenschaften. Wir haben schon mit Flachs, Hanf und Brennnesseln gearbeitet, sind aber immer auf der Suche nach neuen Fasern.
Und welche Paludikulturpflanzen eignen sich?
Breitblättriger Rohrkolben und Schilf eigenen sich bisher am besten. Sie haben die interessantesten mechanischen Eigenschaften. Dazu gehört die Steifigkeit, also wie stark sich etwas elastisch verformt und in die Ausgangslage unverändert zurückkehrt. Dann die Festigkeit: Was hält der Werkstoff aus, bis er bricht.
Papier und Kartonage - beispielsweise Formschalen aus Paludikultur-Biomasse - gibt es schon. Was ist für den 3-D-Druck anders?
Für Karton oder Einwegschalen muss die Biomasse ganz anders verarbeitet werden. Im Spritzgussverfahren, mit dem Kunststoffteile heute gängig produziert werden, kann der Rohstoff direkt in Granulat-Form verarbeitet werden. Für den 3-D-Druck müssen wir in einem zusätzlichen Schritt einen thermoplastischen Draht entwickeln und herstellen. Dieser ist einem langen Metalldraht ähnlich, der dann auf einer Rolle aufgewickelt ist. Beim Drucken wird er auf 200 °C erhitzt und durch eine Öffnung von 0,4 mm gepresst. Lage für Lage entsteht daraus das Werkstück. Dafür verwenden wir extrem fein gemahlene Biomasse, die in einem Compounder, also vereinfacht gesagt einem Mixer, mit dem Kunststoff immer gleichmäßig vermischt werden muss. So sind konstant gleiche Eigenschaften des Produkts garantiert. Schon das ist schwierig. Hinzu kommt eine Veränderbarkeit durch Feuchtigkeit. Häufig enthält Biomasse nach dem Trocknen noch 1-3% Wasser. Der Compounder ist eigentlich ein geschlossenes System, doch diese Feuchtigkeit muss unbedingt abgeführt werden. Sonst lassen sich die Bestandteile nicht richtig mischen. Dann kommt am Ende kein gutes Bauteil aus dem Drucker.
Wenn sich die Compounds, also die einzelnen Bestandteile, verbinden – landen Ihre bisherigen Werkstoffe dann auf dem Komposthaufen oder in der Restmülltonne?
Das Ideal ist ein komplett kompostierbarer Verbundwerkstoff. Heute verwenden wir den Kunststoff Polyacetid (PLA), auch Polymilchsäure genannt. Unter Industriebedingungen, etwa einer definierten Temperatur, ist es kompostierbar, aber noch nicht zuhause im Garten. Ein anderer verwendeter Kunststoff ist das Polyhydroxybutyrat (PHB). Dieses baut sich zum Beispiel unter marinen Bedingungen ab. Das ist also gut gegen das Vermüllen der Meere durch Plastik.
3-D-Druck scheint noch eher eine Nische zu sein - wie sieht das wirtschaftlich aus? Gibt es einen Markt?
Die Masse Joghurtbecher wird man natürlich nicht im 3-D-Druck herstellen. Für große Mengen und eine schnelle Fertigung ist das Spritzgussverfahren geeignet. Auch dafür entwickeln wir einen Werkstoff mit Paludikulturbiomasse.
Beim 3-D-Druck geht es um geringe Stückzahlen, oft um das Herstellen von Prototypen im Heimbereich, in der Forschung und der Entwicklung. Es gibt immer mehr Drucker und deren Einsatz steigt. Damit wird es auch die Nachfrage nach biobasierten zukunftsfreundlichen Werkstoffen für den 3-D-Druck geben.
Kaufe ich mir irgendwann die Drucksubstanz aus Rohrkolben in der Kartusche?
Hoffentlich ja! Beim 3-D-Druck ist es dann eher eine Rolle. Es gibt bereits Compounds mit Naturfasern. Wir hoffen, dass ein Paludikultur-3-D-Druckdraht konkurrenzfähig sein wird, da er eine sehr gute Klimabilanz hat.
Jonas-Rumi Baumann arbeitet in der AG Biologische Werkstoffe von Prof. Jörg Müssig an der Hochschule Bremen. Die dortige Forschung zu Paludikultur-Biomasse für den 3-D-Druck ist Teil des Projektes NAPALU.
Das Interview führte Nina Körner.
Neuigkeiten aus Paludikultur-Projekten
Internationale Projekte
RRR2025-Konferenz - First Announcement
Deadline für Abstracts, Ausstellung, Exkursionen – Informationen zur internationalen Konferenz „Renewable Resources from Wet and Rewetted Peatlands“ im September 2025 in Greifswald.
Gemeinsam organisiert vom Greifswald Moor Centrum und dem Thünen-Institut findet die 4. RRR-Konferenz „Renewable Resources from Wet and Rewetted Peatlands“ vom 23. – 26. September 2025 in Greifswald statt.
Sie führt Wissenschaft und Praxis zusammen und lädt Wissenschaftler, Landbesitzer und Landnutzer sowie Personen aus Verwaltung, Wirtschaft, Kunst und Design, Politik und Naturschutz und weitere Interessierte zur Teilnahme ein.
Die RRR2025 bietet einen Blick auf 25 Jahre Fortschritte in der Paludikultur und widmet sich unter anderen den Themen Governance, Transformation, Ökosystemprozesse, Biodiversität, Biomassenutzung, Technikentwicklung und Photovoltaik auf wiedervernässten Mooren. Neben wissenschaftlichen Vorträgen stehen Workshops, Postersessions und eine Ausstellung auf dem Programm. Ein ganzer Nachmittag soll vor allem Erfahrungen aus der Praxis hervorheben. So haben Vertreter aus Baubranche und Handwerk, Hersteller und andere die Möglichkeit, ihre Produkte in einer Ausstellung zu präsentieren und Projekte in Pitches auf einer Bühne vorzustellen.
Exkursionen der Konferenz führen zu einer Typha-Anbaufläche im Peenetal, einer Küstenflutmoorrenaturierung mit Beweidung (Karrendorfer Wiesen) und zu einer Büffelbeweidung in Küstenmooren (Halbinsel Darß) – alle drei Standorte liegen in Mecklenburg-Vorpommern. Eine weitere Exkursion ist zur Torfmoos-Paludikulturfläche im Hankhauser Moor in Niedersachsen vorgesehen.
Die Registrierung ist ab Anfang 2025 möglich und Abstracts können bis zum 28. Februar 2025 eingereicht werden. Alle Informationen im Detail finden Sie auf der RRR-Konferenzwebsite. Wenn Sie selbst z.B. einen Workshop anbieten oder Ihr Projekt auf der Ausstellung präsentieren möchten, erreichen Sie das Organisations-Team der Konferenz unter info@rrr2025.com.
Paludikultur-Potential in der Ukraine
Ein neues Kompendium erfasst die Möglichkeiten zu Paludikultur in der derzeit kriegsgeschüttelten Ukraine.
Der Norden der Ukraine steht im Mittelpunkt eines ehrgeizigen Projekts, das sich der Wiedervernässung von Mooren und dem Klimaschutz widmet. Die Succow Stiftung, Partner im Greifswald Moor Centrum, arbeitet gemeinsam mit dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) an dem Projekt „Förderung eines nachhaltigen Weidemanagements und des Ökosystemschutzes in Nordukraine“. Finanziert wird das Vorhaben vom Global Environment Facility und der FOLUR-Plattform. Ziel des Modellvorhabens ist es, die Bewirtschaftung von drei Millionen Hektar auf ökologische Landwirtschaft umzustellen, um Treibhausgasemissionen zu reduzieren, die Bodenfruchtbarkeit zu verbessern und bedrohte Arten zu schützen.
Ein zentraler Bestandteil des Projekts ist die Paludikultur als einzige nachhaltige Form der Bewirtschaftung nasser Moorflächen, die durch die Wiedervernässung und Nutzung der Moore dazu beiträgt, Kohlenstoffemissionen zu reduzieren. Wendelin Wichtmann und Olga Denyshchyk von der Succow Stiftung, Partner im Greifswald Moor Centrum, wurden damit beauftragt, die Machbarkeit von Paludikultur in der Ukraine zu prüfen und die spezifischen Bedingungen der Ukraine zu berücksichtigen. Sie stellten ein wissenschaftlich basiertes Kompendium zusammen, das nun auf Ukrainisch verfügbar ist.
Das Kompendium richtet sich an Landwirt*innen, lokale Gruppen, Wissenschaftler*innen und die Zivilgesellschaft und bietet fundierte Empfehlungen für die Umsetzung umweltfreundlicher landwirtschaftlicher Praktiken auf wiedervernässten Mooren. Es verbindet ökologische Lösungen mit wirtschaftlicher Effizienz und ist die erste umfassende Sammlung wissenschaftlicher Informationen zur Paludikultur in der Ukraine, die bereits in mehreren EU-Ländern erfolgreich praktiziert wird.
Projekte in Deutschland
WETSCAPES 2.0
Die Deutsche Forschungsgesellschaft stellt zehn Millionen Euro für das Projekt Wetscapes 2.0 in den nächsten vier Jahren bereit. Damit hat sich das Konsortium unter Leitung der Universitäten Greifswald und Rostock erfolgreich gegen vier Mitbewerber durchgesetzt.
„WETSCAPES2.0: neuartige Ökosysteme in wiedervernässten Niedermoorlandschaften“ wird die Funktionsweise sowie die komplexen ökologischen, biogeochemischen und hydrologischen Prozesse in wiedervernässten Niedermooren erforschen. Die Förderung durch die Deutsche Forschungsgesellschaft haben die Universitäten Greifswald und Rostock gemeinsam mit dem Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB Berlin), dem Helmholtz-Zentrum Potsdam Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ), der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), dem Max-Planck-Institut für Biogeochemie Jena (MPI-BGC) sowie der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) eingeworben.
Der Hintergrund: Über Jahrhunderte wurden Moore entwässert, was zu erheblichen Treibhausgasemissionen, Nährstoffaustrag in die Fließgewässer und angrenzende Ökosysteme sowie zu massiven Verlusten der Biodiversität geführt hat. Europaweit sollen nun Wiedervernässungsprogramme diese negativen Effekte umkehren. Dadurch werden jedoch nicht die ursprünglichen Moore wiederhergestellt, sondern es entstehen neuartige Ökosysteme, deren Funktionsweise bisher nur teilweise verstanden wird.
Der Forschungsverbund verfolgt das Ziel, die Funktionsweise und komplexen ökologischen, biogeochemischen und hydrologischen Prozesse in wiedervernässten Niedermooren besser zu verstehen. Er wird die Auswirkungen der Wiedervernässung von Mooren in Raum und Zeit auf Landschaftsebene und darüber hinaus untersuchen. Langfristig sollen konkrete Beiträge zum Management dieser Flächen sowie zur nachhaltigen Nutzung durch Paludikultur erarbeitet werden.
WETSCAPES 2.0 stärkt die Spitzenforschung in Mecklenburg-Vorpommern und trägt auch entscheidend dazu bei, globale Herausforderungen wie Klimawandel und Biodiversitätsverlust zu adressieren und naturbasierte Lösungen vor Ort voranzubringen. Ein Wissenstransfer und die Vermittlung der Forschungsthemen für mehr gesellschaftliche Akzeptanz wird in enger Zusammenarbeit mit dem Greifswald Moor Centrum erfolgen.
Die Sonderforschungsbereiche (SFB) der DFG sind langfristige Forschungseinrichtungen der Hochschulen, in denen Wissenschaftler*innen im Rahmen eines fächerübergreifenden Forschungsprogramms zusammenarbeiten. In den Sonderforschungsbereichen können innovative, anspruchsvolle, aufwendige und langfristig konzipierte Vorhaben durch Koordination und Konzentration von Personen und Ressourcen in den antragstellenden Hochschulen realisiert werden. Sie dienen der institutionellen Schwerpunkt- und Strukturbildung.
Mehr Information bietet die Medieninformation der Universität Greifswald.
Moorsound & Lichtkunst
Daten, Lichtprojektion und Tonaufnahmen hat die Ausstellung EIN:FLUSS:RAUM:MOOR zu einer begehbaren Skulptur verwoben, in der auch die Besucher interaktiv eingebunden sind.
EIN:FLUSS:RAUM:MOOR, die gemeinsame Ausstellung von MONAS-Collective und Greifswald Moor Centrum, zeigte das Moor als Klang- und Licht-Kunstwerk inspiriert von Caspar David Friedrich und seiner Faszination für Landschaft. Im Jubiläumsjahr des Malers lud die Ausstellung vom 31. Oktober - 8. Dezember in die Spielhalle Kunst in Greifswald. Sie kombinierte Klimadaten, Audioaufnahmen, Lichtprojektionen und Exponate. Mit Bodenmikrofonen im Kieshofer Moor und den Karrendorfer Wiesen bei Greifswald haben die Künstler den Sound eingefangen. Zusammen mit Daten aus Treibhausgasmessungen von Greifswalder Wissenschaftler*innen wurden diese in der Ausstellung in Lichtimpulse umgesetzt. Auch die anwesenden Besucher*innen beeinflussten das System, denn auch in Echtzeit maß die Installation z.B. CO2-Werte im Raum. Dieser Film ermöglicht es, die ungewöhnliche Klang-Bild-Skulptur nachzuvollziehen.
Übrigens - die Torfmoose als Teil der Ausstellung sind Beiträge der Projekte MOOSstart und MOOSland.
Moorprojekte an der deutschen Ostseeküste
„Vernetzte Vielfalt an der Schatzküste“ und „Moorklimaschutz an der Ostseeküste“ sind offizielle Projekte der UN-Dekade zur Ökosystem-Wiederherstellung.
Zwei Projekte hatte die OSTSEESTIFTUNG im UN-Dekade Projektwettbewerb zu Ökosystemen der Meere und Küsten eingereicht. Beide erreichten die Finalrunde und dürfen seit September das Prädikat „TOP 10-Projekt 2024“ führen. Dieser Titel zeichnet Projekte aus, die sich in besonderer Weise für die Wiederherstellung, Erhaltung oder Pflege von Ökosystemen in Deutschland einsetzen.
Beide Vorhaben, das seit 2021 aktive Verbundprojekt Vernetzte Vielfalt an der Schatzküste wie auch das im Frühjahr 2024 bewilligte Projekt Moorklimaschutz an der Ostseeküste werden von der OSTSEESTIFTUNG koordiniert und in Zusammenarbeit mit Verbundpartnern umgesetzt. Im Mittelpunkt beider Projekte steht die Küstenlandschaft Mecklenburg-Vorpommerns.
„Über die Auszeichnung freuen wir uns sehr“, sagt Georg Nikelski, Geschäftsführer der OSTSEESTIFTUNG. „Damit finden auch unsere vielen Partner*innen und Unterstützer*innen überregionale Anerkennung. Die Beteiligten vor Ort sind letztlich diejenigen, die dafür sorgen, dass Restaurierungsvorhabenund Anpflanzungen erhalten und gepflegt werden. Küstenmoore, Feldhecken und Schilfgürtel sind bedeutende ökologische Nischen, die vielen gefährdeten Schlüsselarten Lebensraum bieten“, so Nikelski.
Im Rahmen des Projekts Moorklimaschutz an der Ostseeküste sollen bis zum Jahr 2034 mehrere eingedeichte Küstenabschnitte zwischen Rostock und der polnischen Ostsee restauriert werden, auf einer Gesamtfläche von schätzungsweise 850 Hektar. Ziel ist, die andauernde Freisetzung klimaschädlicher Gase wie CO2 deutlich zu senken. Als Verbundpartner der OSTSEESTIFTUNG verantworten die wissenschaftliche Begleitforschung Gerald Jurasinski, Professor für Moorforschung an der Universität Greifswald, Partner im Greifswald Moor Centrum, sowie Professorin Maren Voß vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde.
Die über Jahre hinweg gewonnenen Daten und Erkenntnisse werden künftig eine wirksamere Herangehensweise an die Restauration von Küstenmooren mit berechenbaren Auswirkungen für den Klima- und Naturschutz ermöglichen. Das Projekt wird im Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) sowie dem Land Mecklenburg-Vorpommern gefördert.
Annette Mihatsch
Bodenworkshop PaludiNetz in Hammeniederung und Teufelsmoor
Bei einem Workshop zur Ansprache und Beschreibung von Moorböden ging es im September um die Vergleichbarkeit von Messungen zur Befahrbarkeit im Rahmen des Verbundvorhabens PaludiZentrale.
Für die erfolgreiche Umsetzung von Vernässungsmaßnahmen und die Etablierung von Paludikulturen, wie sie in den Projekten des PaludiNetz angestrebt werden, sind Informationen über den Ausgangszustand eines Moorbodens von entscheidender Bedeutung. Dieser wird geprägt durch seine natürliche Entwicklungsgeschichte als auch durch anthropogene Eingriffe, wie Entwässerung und landwirtschaftliche Nutzung. Übergreifende Aussagen sind jedoch nur möglich, wenn Moorböden nach vergleichbaren Kriterien und Methoden untersucht und beschrieben werden. Um projektübergreifende Methoden zu etablieren, führte das Verbundvorhaben PaludiZentrale, gemeinsam von Thünen Institut, Universität Greifwald und Succow Stiftung durchgeführt, vom 25.-27.09.2024 in Osterholz-Scharmbeck einen Bodenworkshop durch, an dem Fachleute aus den Projekten im PaludiNetz teilnahmen. Nach Erläuterungen zu Torf- und Moortypen sowie zu bodenbildenden Prozessen wurden an einem Niedermoorstandort in der Hammeniederung und an einem Hochmoorstandort im Teufelsmoor praktische Übungen zu Moorbohrungen und Torfansprache durchgeführt. Als weiteres wurden in einem Feldversuch Penetrologger und Scherflügel getestet, um Rückschlüsse auf die Befahrbarkeit des Moores ziehen zu können. Die Vergleichbarkeit der Daten wird im Nachgang von PaludiZentrale ausgewertet.
Der Workshop war sowohl für Veranstaltende als auch Teilnehmende ein voller Erfolg und legte einen weiteren Grundstein für die erfolgreiche Zusammenarbeit der nächsten Jahre im PaludiNetz. Ein besonderer Dank gilt den beiden Landwirten vor Ort, die ihre Böden für den Workshop zur Verfügung gestellt haben. Die PaludiZentrale wird gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) aus dem Sondervermögen Klima und Transformationsfonds durch die Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) als Projektträgerin.
Merten Minke und Annelie Säurich
Tagung „MENSCHEN.MACHEN.MOORE.“
Bei der Abschlusstagung des des MoKKA-Projekts „MENSCHEN.MACHEN.MOORE.“ diskutierten 140 Teilnehmende am 7. November in Schwerin, warum es mehr Kapazitäten für den Moorklimaschutz braucht.
Warum braucht es mehr Kapazitäten für den Moorklimaschutz? Und wie können diese aufgebaut werden? Bei MENSCHEN.MACHEN.MOORE., der Abschlusstagung des Projektes „Moorklimaschutz durch Kapazitätsaufbau“ (MoKKa), kamen am 7. November in Schwerin rund 140 Expert*innen und Interessierte zusammen, um diese Fragen zu diskutieren. In Vorträgen, Diskussionsrunden und Workshops wurden rechtliche Hürden, Defizite in der Bildung und Ausbildung und der Bedarf an Unterstützung für Vorhabenträger von Moorprojekten thematisiert. Die Tagung verdeutlichte auch die Dringlichkeit struktureller und bildungspolitischer Maßnahmen für den Moorklimaschutz.
Die Begrüßung erfolgte durch Dr. Franziska Tanneberger (Greifswald Moor Centrum) und Georg Nikelski (OSTSEESTIFTUNG), begleitet durch Grußworte von Staatssekretärin Elisabeth Aßmann vom Ministerium für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern sowie von Helmut Alda vom Bundesministerium für Umwelt, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz. „Sie machen seit vielen, vielen Jahren sehr, sehr tolle Arbeit. Vielen Dank dafür. Wir versuchen, das bestmöglich zu begleiten und die rechtlichen Sachen sowie die förderrechtlichen Angelegenheiten in die Hand zu nehmen. Und ich glaube, gemeinsam können wir in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch richtig viel bewegen. Denn Menschen Machen Moore Nass!“, so Elisabeth Aßmann.
Anschließend zeigte Christina Lechtape (Michael Succow Stiftung/Greifswald Moor Centrum), MoKKa- Projektkoordinatorin in einem Impulsvortrag auf, welche Akteursgruppen für den Moorklimaschutz besonders wichtig sind, was sie für mehr Umsetzung brauchen und wie man sie unterstützen kann. "Wir brauchen weitere Vernetzung und Wissenstransfer im Bereich Moorklimaschutz! Das Interesse ist vorhanden, aber die Kapazitäten und Möglichkeiten sind immer noch sehr begrenzt. Für Akteure, die konkret ins Handeln kommen oder Projekte umsetzen möchten, braucht es passende Fortbildungen und individuelle Beratung”, so Christina Lechtape.
Die erste Session befasste sich mit der Frage, wie man Planung und Genehmigung beschleunigen sowie die Flächenverfügbarkeit verbessern kann. Durch Impulsvorträge von Sophie Hirschelmann (Michael Succow Stiftung/Greifswald Moor Centrum) und Prof. Sabine Schlacke (Institut für Energie-, Umwelt- und Seerecht, Universität Greifswald) wurden rechtliche Hürden und Hemmnisse in Verfahren sowie mögliche Rahmenbedingungen aufgeworfen. Vertreter*innen von BMUV, LM MV und dem Landesamt für Umwelt Brandenburg beteiligten sich an der anschließenden Diskussion über konkrete Lösungsansätze. Parallel dazu fand der Workshop „Moor-Klimabildung mit dem Moorkoffer“ statt, in dem die neuen Methoden der Succow Stiftung zur Bildungsarbeit im Bereich Moorklimaschutz vorgestellt und praktisch erprobt wurden. Der Workshop wurde von Hannah Marx (Michael Succow Stiftung/Greifswald Moor Centrum) geleitet. Nach der Mittagspause wurde das Programm mit einer gemeinsamen Aktion fortgesetzt, bei der die Teilnehmer*innen verschiedenen Rollen in einem Moor gespielt haben. Nachmittags wurde das Thema „Unterstützungsstrukturen aufbauen“ behandelt. Zunächst bot die Nutzerinnen-Perspektive durch Kurz-Impulse von Teilnehmerinnen der Feldtage und Kurzfilme aus dem Projekt Einblicke in die praktischen Anforderungen und Erfahrungen bei Moorprojekten.
Dann wurde die institutionelle Perspektive hinzugezogen, mit Vorträgen von Dr. Almut Mrotzek (MoorAgentur MV) und Tom Kirschey (Kompetenzzentrum Natürlicher Klimaschutz), die über Unterstützungsmöglichkeiten und Förderstrukturen berichteten. Zum Abschluss stand die Frage „Mehr Moorbildung – wann und wie?“ im Zentrum. Tabea Feldmann (Succow Stiftung/ GMC) macht in ihrem Impulsvortrag klar, dass eine nachhaltige Entwicklung in Deutschland nur möglich ist, wenn Moore Teil der allgemeinen Bildung werden. Eine Diskussionsrunde mit Dr. Martina Trümper (Ministerium für Bildung und Kindertagesförderung MV) und Prof. Gerald Jurasinski (Universität Greifswald) beleuchtete, wie das Thema Moorklimaschutz in Bildung und Ausbildung besser integriert werden kann, um ein gesellschaftliches Bewusstsein für die Bedeutung von Mooren zu schaffen.
Nathale Melo-Martin
Veranstaltungen
Alle aktuellen Veranstaltungen sind in unserem Online-Kalender zusammengestellt.
Publikationen
Buzacott, A.J., van den Berg, M., Kruijt, B., Pijlman, J., Fritz, C., Wintjen, P. and van der Velde, Y. (2024). A Bayesian inference approach to determine experimental Typha latifolia paludiculture greenhouse gas exchange measured with eddy covariance. Agricultural and Forest Meteorology, 356, p. https://doi.org/10.1016/j.agrformet.2024.110179
Davies, J.G., Dytham, C., Robinson, R.A. and Beale, C.M. (2024). Estimating the distribution of reedbed in Britain demonstrates challenges of remotely sensing rare land cover types at large spatial scales. Scientific Reports, 14(1), p. https://doi.org/10.1038/s41598-024-73030-6
Geurts, J., Van der Snoek, M., Fritz, C. and Van Duinen, G.J. (2024). Paludiculture: multifunctional land-use to decrease nutrient loading (No. EGU24-17087). Copernicus Meetings. https://doi.org/10.5194/egusphere-egu24-17087
Joosten, H. (2024). Blue carbon and the concept of “coastal wetlands” in the IPCC 2013 Wetlands Supplement. In: Clüsener-Godt, M., Matsuda, H., Böer, B. & Loughland, R. A. (eds.): Blue carbon mangrove ecosystems - A concept-based approach. Springer, Cham, pp. 187-193. https://doi.org/10.1007/978-3-031-69553-7
Mariani, M., Wills, A., Herbert, A., Matthew, A., Florin, S.A., Cadd, H., Connor, S., Kershaw, P., Theuerkauf, M., Stevenson, J., Fletcher, M.-S., Mooney, S., Bowman, D. & Haberle, S. (2024) Shrub cover declined as Indigenous populations expanded across southeast Australia. Science, 386, 567-573. https://doi.org/10.1126/science.adn8668
Nielsen, C.K., Elsgaard, L. and Lærke, P.E. (2024). Site-dependent carbon and greenhouse gas balances of five fen and bog soils after rewetting and establishment of Phalaris arundinacea paludiculture. Science of The Total Environment, 957, p. https://doi.org/10.1016/j.scitotenv.2024.177677
Wollnik, R., Borchers, M., Seibert, R., Abel, S., Herrmann, P., Elsasser, P., Hildebrandt, J., Meisel, K., Hofmann, P., Radtke, K., Selig, M., Kazmin, S., Szarka, N. & Thrän, D. (2024). Dynamics of bio-based carbon dioxide removal in Germany. Sci Rep 14, 20395 https://doi.org/10.1038/s41598-024-71017-x
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Dieser Newsletter wurde im Rahmen des Projektes PaludiZentrale erstellt und durch das Greifswald Moor Centrum unterstützt. PaludiZentrale wird durchgeführt von Thünen Institut, Universität Greifswald und Succow Stiftung, beide Partner im Greifswald Moor Centrum. Gefördert wird es durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) durch die Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe. V.i.S.d.P.: Nina Körner, Franziska Tanneberger, Merten Minke.