Niedermoor-Biomasseheizwerk Malchin

Niedermoor-Biomasseheizwerk Malchin

Niedermoor-Biomasseheizwerk Malchin

Seit Juni 2014 versorgt eine Biomasse-Feuerungsanlage in der Stadt Malchin 543 Haushalte, einen Kindergarten, zwei Schulen und Bürogebäude mit Wärme. Der Brennstoff für das Heizwerk stammt von Niedermoor- Feucht-Grünland am Kummerower See (Mecklenburg- Vorpommern), welches im Rahmen der Landschaftspflege bewirtschaftet wird.

Flächenkulisse

Durch die Wiedervernässung der Neukalener Moorwiesen ab 1992 im Rahmen des Naturschutzgroßprojektes „Peene­tal/Peene-Haff-Moor“ veränderte sich die Vegetation auf den Flächen und diese konnte aufgrund des verringerten Futter­wertes nur noch begrenzt für die Mutterkühe des Betriebes genutzt werden. Um weiterhin eine Wertschöpfung auf diesen Flächen zu ermöglichen, wurde ab 2009 ein Konzept zur energetischen Nutzung der Biomasse entwickelt.

Das Niedermoor-Grünland am Westufer des Kummerower See (Mecklenburg-Vorpommern) ist von Feuchtwiesen-Vegetation mit Rohrglanzgras- und Seg­gen-Dominanzbeständen geprägt. Die Erträge variieren stark. Im günstigen Erntejahr 2013 konnten Erträge von 4,5 t TM in den Seggenbeständen und 2 bis 10 t TM in den Rohrglanzgrasbeständen je Hektar erzielt werden. Die Flächenkulisse umfasst ca. 300 ha Niedermoor-Grünland wobei der beerntbare Anteil sehr witterungsabhängig ist.

Die Ernteflächen sind ca. 12 km vom Heizwerk entfernt.

Ort: Kummerower See / Mecklenburg-Vorpommern
Vegetation: Rohrglanzgras- und Seg­gen-Dominanzbestände
Ertrag: Ø 4,5 t TM (3 bis 6,5 t TM) bzw. Ø 6 t TM (2 bis 10 t) je Hektar und Jahr (Erntejahr 2013)
Flächenkulisse: ca. 300 ha Niedermoor-Grünland (beerntbarer Anteil witter­ungs­abhängig)

Biomasse-Ernte

Die Heuernte wird in einem mehrstufigen Verfahren (Mähen, Wenden, Schwaden, Pressen, ggf. einzelner Abtransport der Rundballen zum Flächenrand) mit an nassere Bedingungen angepasster Grünlandtechnik (Schlepper mit Breitreifen, leichte Rundballen-Festkammerpresse mit Tandemachse) zwischen Juni und September durchgeführt. Voraussetzung ist, dass der Wasserstand bei günstiger Witterung unter Flur fällt.

Die Lagerung erfolgt auf dem Landwirtschaftsbetrieb und auf dem Gelände des Heizwerkes. Von 200 ha Erntefläche können rund 800 - 1.200 t Brennstoff bereitgestellt werden, was etwa 350.000 l Heizöl entspricht.

Erntezeit: Juni – September
Erntetechnik: Angepasste Grünland­technik
Ernteverfahren: Mehrstufiges Heu­ern­te­verfahren
Rundballen: Gewicht 185 bis 200 kg TM, Durchmesser 120 cm, ca. 85 l Heiz­öl­äquivalent
Biomasseertrag: ca. 1.000 t Brenn­stoff
Energieertrag: Hu 14,9 GJ/ t FM

Nachhaltige Wärmeversorgung

Halmgutartige Biomasse hat, im Vergleich zu Holz, einen höheren Anteil an Asche und kritischen Inhaltstoffen (Cl, S, N). Diese Brennstoffeigenschaften erfordern eine angepasste Feuerungstechnik (z. B. bewegliches Rost, Verbrennungsführung, korrosionsgeschützter Feuerungsraum und Wärmetauscher, Filteranlagen). Diese Feuerungstechnik ist für Stroh bereits etabliert.

Das Niedermoor-Biomasseheizwerk ist in ein bestehendes Wärmenetz integriert. Die Feuerungsanlage der dänischen Firma LIN-KA wird kontinuierlich über einen 24 Rundballen fassenden Ballen­auflöser beschickt. Die Bestückung der Anlage mit Ballen erfolgt im Winter einmal täglich. Das zerkleinerte lose Halmgut gelangt vom Ballenauflöser über ein Doppel­förder­schnecken­system zur Stokerschnecke in den Brennraum. Optional können Hackschnitzel gefeuert werden.

Die bereitgestellte Wärme wird in einem Speicher mit einer Kapazität von 24.000 l Wasser gepuffert und dient zur Abdeckung von Grund- und Mittellast. Die bestehenden Erdgaskessel decken Lastspitzen und Ausfallzeiten ab.

Insgesamt werden etwa 4.000 MWh Wärme bereitgestellt, das entspricht 5.000 Volllaststunden im Jahr. Die Abgase werden durch eine Filteranlage mit Multizyklon und Gewebefiltern gereinigt. Die zurückbleibende Asche wird automatisiert ausgetragen und bisher auf der Deponie entsorgt.

Kesselhersteller: Lin-Ka

Nennleistung: 800 kW
Auslastung: 5.000 Volllaststunden/Jahr
Wärmebereitstellung: 4.000 MWh/Jahr

Investitionskosten: 670.000 €
Förderung: 30 %, EU EFRE über das MLUV M-V

Planungszeit: ca. 6 Jahre
Bauzeit: 6 Monate
Betriebsbeginn: Juni 2014

Regionale Kooperation

Zur Realisierung des Heizwerkes wurde ein Netzwerk regionaler Kooperationspartner gebildet. Die Biomasse wird durch den Landwirtschaftsbetrieb Hans Voigt und die Moorhof GmbH geerntet, Anlagenbetreiber ist die Agrotherm GmbH, Energieversorger ist die Energicos Malchin GmbH.

Die Wärme wird von der Stadt Malchin und der Wohnungs­gesellschaft WOGEMA abgenommen. Versorgt werden 543 Haushalte, ein Kinder­garten, zwei Schulen und Bürogebäude.

Die wissenschaftliche Begleitung erfolgt durch die Universität Greifwald, DUENE e.V. und den Förderverein „Naturschutz im Peenetal“.

Ökosystemdienstleistungen

Das Heizwerk Malchin vereint auf bisher einmalige Weise Moorschutz, den Erhalt von Kulturlandschaft, nachhaltige Energiebereitstellung und neue Perspektiven für regionale Wertschöpfung. Dabei ergeben sich Synergien in den Bereichen:

  • Bioenergie: durch die Substitution von Erdgas werden ca. 850 t CO2-Äq. pro Jahr eingespart,
  • Klimaschutz: durch die Reduzierung der Treibhausgasemissionen um ca. 5 t CO2-Äq. pro ha und Jahr gegenüber entwässerten Mooren,
  • Gewässerschutz: durch die Vermeidung von Nährstoff-Austrägen und Eutrophierung gegenüber entwässerten Mooren,
  • Biodiversität: durch Erhaltung und Wiederherstellung des Lebensraums moortypischer Tier- und Pflanzenarten,
  • Tourismus: durch Erhaltung einer vielfältigen, offenen Erholungslandschaft.

Natürlich stehen wir als Vorreiter noch zahlreichen Herausforderungen gegenüber, aber zukunftsfähige Energiegewinnung erfordert moderne Konzepte, die wirtschaftliche Tragfähigkeit, geringe Umwelt­belastung und soziale Verantwortung verbinden. Und genau dies kann Paludikultur hier in Malchin und auch weltweit leisten“.

Ludwig Bork, Geschäftsführer Agrotherm GmbH, Malchiner Biomasseheizwerk

Die Texte zum Niedermoor-Biomasseheizwerk Malchin wurden, in leicht geänderter Form, erstmals in der
Paludi-Pellets-Broschüre [1] veröffentlicht.

Quellen und weitere Informationen

  1. Dahms, T. et al. 2017: Halmgutartige Festbrennstoffe aus nassen Mooren. Universität Greifswald.
  2. Brennstoff- und Heizwerk-Rechentools.
  3. Video zum Niedermoor-Biomasseheizwerk Malchin (englisch, bei Youtube).
  4. Heizwerk Malchin. www.niedermoor-nutzen.de
  5. Wichtmann, W., Schröder, C. & Joosten, H. (Hrsg.) 2016: Paludikultur – Bewirtschaftung nasser Moore. Schweizerbart, Stuttgart, 272 S.