RRR2017

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RUMOOREN– Kunst trifft Moor

Kunstwettbewerb und Ausstellung vom 24.09.-08.10.2017 in Greifswald

Im gesellschaftlichen Diskurs spielen Moore kaum eine Rolle - zu Unrecht! Sie leisten als Kohlenstoff-Speicher einen immensen Beitrag zum Klimaschutz – aber nur, wenn sie nass sind!

Im Rahmen der internationalen Paludikultur Konferenz-Woche des Greifswald Moor Centrum soll der Paludikultur, der nachhaltigen, nassen Moornutzung, zu mehr Aufmerksamkeit verholfen werden. Daher lädt das Greifswald Moor Centrum zusammen mit dem Caspar-David-Friedrich Institut bundesweit alle interessierten Designer, Künstler und Kunstschaffenden zur Auseinandersetzung mit dem Thema Moor und Paludikultur ein.

Vernissage
Die Vernissage mit Preisverleihung fand am 24.09.17 um 18:00 Uhr im Caspar-David-Friedrich Institut, Bahnhofstraße 46, 17489 Greifswald statt.

Preisträger:innen

Erster Preis: Ingrid Ogenstedt
Die Weiterentwicklung der Verwendung von Torf als Baustoff beschäftigt die in Düsseldorf lebende Schwedin Ingrid Ogenstedt. Sie erhielt für ihre drei Fotografien von eigenen Torfinstallationen auf Island (Unearthed II) und in Seefeld mit Torf-Soden aus dem Gnarrenburger Moor (Vessel), den mit 1.500 € dotierten ersten Preis des Wettbewerbs. Ingrid Ogenstedt arbeitet seit mehreren Jahren mit dem Material Torf. Ihrer Ansicht nach speichert

Torf Zeit, Kultur und Erzählung, die selbst erzählen, wie man mit ihnen umgehen soll.

Sie baut aus selbstgestochenen Torfblöcken und Grassoden archaisch anmutende, ortsspezifische Installationen, die an Gebäude erinnern. Das Material verweist dabei mit seinem Alter auf dessen Vergangenheit. Die in der Landschaft Frieslands oder Islands gebauten Skulpturen behaupten sich in ihrer Umgebung und untermauern mit den den Skulpturen innewohnenden Wachstums- und Zerfallsprozessen die Eigenart, der sie umgebenden Landschaft auf atemberaubende Weise.

Zweiter Preis: Silvia Klara Breitwieser
Silvia Klara Breitwieser aus Berlin nutzt seit den 1980er Jahren Torf als Material für ihre Arbeiten. Sie erhielt den mit 1.000 € dotierten zweiten Preis. In der Ausstellung zeigt sie einen Teil ihres umfangreichen Oeuvres. Sie sagt dazu:

Die Entdeckung von riesigen Moorlandschaften in gleißendem Licht - horizontweite, wüstenähnliche Flächen, mit braunen Mauern - das bedeutete Anfang der 80-er Jahre für mich einen Wendepunkt und löste meine Arbeiten mit keramischen, zu Steinzeug hochgebrannten Erden ab – zugunsten von Rohstoffen (rohen Stoffe!) in ihrer Brüchigkeit und ehrlichen Vergänglichkeit – also gegen den bildhauerischen Ewigkeitswahn.

In der Folge experimentierte sie mit aus Torfsoden gebauten Mauern, Parkettböden oder Möbeln. 1987 baute sie das 30 mal 30 m große Torf-Forum in Berlin auf dem ehemaligen Anhalterbahnhof im Rahmen von Mythos Berlin zur 750-Jahrfeier der Stadt.

Dritter Preis: Julia Kiehlmann
Julia Kiehlmann erhielt für ihre Installation „Pillow talk“ den mit 500 € dotierten dritten Preis. Für ihre Installation, die in den Grenzbereichen zwischen Kunst, Wissenschaft und Schlaf angesiedelt ist, nähte die Künstlerin zwei rohrkolbenförmige Kissen, füllte sie mit Samenhaaren von Rohrkolben und nutze eins der Kissen vier Wochen als Kopfkissen. Ihre Gedanken dokumentierte sie dabei in einem kleinen Heft, in dem sie von guten Träumen auf ihrem Rohrkolbenkissen berichtet. In der Ausstellung durften die Besucher an ihrem Experiment teilhaben, indem sie die haptischen Eigenschaften der Kissen erfühlen konnten. Für Julia Kiehlmann ist es

ein besonderer Anreiz, über einen Gegenstand neu nachzudenken, den alle kennen und zuhause haben. Eine Kissenfüllung aus einem nachhaltigen, naturbelassenen Rohstoff wie „Schilfwatte“ erfüllt die Bedürfnisse unserer Zeit, in der viele Menschen ökologische und pflanzliche Erzeugnisse bevorzugen.

Die Texte zu den Preisträger:innen wurden, in leicht geänderter Form, erstmalsunter dem Titel "RUMOOREN – Bericht über die Ausstellung Kunst trifft Moor im Caspar-David-Friedrich-Institut, Greifswald, vom 23. September bis 8. Oktober 2017" im TEMLA Band 48, Dezember 2017 veröffentlicht.

Ausstellung

In der Ausstellung wurden Arbeiten von Silvia Klara Breitweiser, Karin Domanowsky, Dem Duo Charlotte Erckrath Und Maik Ronz, Antje Ingber, Wenchao Ji, Julia Kiehlmann, Maike Klein, Anne-Fee Mennen, Elisa Nest, Ingrid Ogenstedt, Antje Pehle, Dennis Propp, Jürgen Reich, Max Schmelcher, Tom Schröder, Gabriele Seitz, Johannes Steubl und einer Gruppe von Kunst-Studierenden der Universität Greifswald gezeigt.

Begleitheft zur Ausstellung
In der Ausstellung werden nun ausgewählte Beiträge von 19 KünstlerInnen gezeigt. Informationen zu den Künstlern und deren Bezug zum Moor finden sie im Begleitheft zur Ausstellung.

Hintergrund

In Greifswald wird seit über 200 Jahren zum Thema Moor geforscht - aktuell sind über 60 Personen im Netzwerk des Greifswald Moor Centrum dem Moor verbunden und betrachten das Moor durch die naturwissenschaftliche Brille. Moore haben in der Gesellschaft ein negatives Image, ihre immense Bedeutung für den Klimaschutz ist nur Wenigen bewusst. Moore werden durch Entwässerung seit Jahrhunderten vor allem für land- und forstwirtschaftliche Nutzung zerstört. Aber nur nasse Moore können als Kohlenstoffspeicher zum Klimaschutz beitragen.

Das Greifswald Moor Centrum stellt die Frage, ob Kunst und Kultur neue Perspektiven auf Moor herstellen können, um deren Schmuddel-, Problem- bis Gruselimage abzulegen. Wie können Kunst und Kultur das komplexe ökologische Thema Moor darstellen? Können sie den Blick für die Wichtigkeit nachhaltiger Moornutzung schärfen und so den Boden für Klimaschutz durch Moorschutz bereiten? Ein gesellschaftlicher Austausch ist notwendig, um mehr Akzeptanz und Verständnis für den Moorschutz in Deutschland zu schaffen.

Was ist ein Moor und warum ist es so wichtig?

Moore sind Feuchtgebiete in denen sich über tausende von Jahren eine dicke Torfschicht akkumuliert hat. Der Torf ist abgestorbenes Pflanzenmaterial, das unter Wasser und somit unter Luftabschluss konserviert wird. Moor ist ein Archiv: In seinen Schichten lagert die Kulturgeschichte der Landschaft Moor ist schön: weite, offene Landschaften, besondere Flora & Fauna, Musterbildung (z.B. in Polygonmooren) Moor speichert Kohlenstoff und ist wichtig für den Klimaschutz Moor bietet für den Menschen viele „kostenlose“ Ökosystemdienstleistungen: sauberes Wasser, Wasserspeicherung, Kühlung, Produktion, Erholung… Moore sind wichtig für die Biodiversität: Pflanzen haben sich an die extremen Lebensbedingungen im Moor angepasst (z.B. fleischfressende Pflanzen)

Im Gegensatz dazu steht die aktuelle Situation in Deutschland:

Moorlandschaften sind in Deutschland oft kaum erkennbar oder bereits stark degradiert: nur 3 % der Moore sind in einem naturnahen Zustand. Fast alle Flächen werden land- oder forstwirtschaftlich genutzt und dafür entwässert. Meist erkennt man das Moor nur an Entwässerungsgräben und schwarzen Maulwurfshügeln. Durch die Entwässerung werden große Mengen an Treibhausgasen (THG) freigesetzt, ungefähr 5 % der gesamten THG-Emissionen in Deutschland werden dadurch verursacht! Maisanbau auf Moor für Biogas wird somit zum Absurdum, denn es werden zuerst große Mengen an THG Emissionen beim Anbau verursacht.
Die Wiedervernässung von Mooren kann die hohen THG-Emissionen und den Torf-Schwund verringern. Eine neue Form der Landnutzung kann die Produktion auf nassen Flächen aufrechterhalten: Paludikultur (www.paludikultur.de). Eine Wortschöpfung aus Greifswald (lat. palus = Sumpf => Sumpfkultur), die mittlerweile international bekannt geworden ist. In Greifswald werden verschiedene Formen der Paludikultur für Hoch- und Niedermoore erforscht und weiterentwickelt:

  • Torfmooskultivierung: der Anbau von Moosen für den Ersatz von Torf im Gartenbau
  • Schilfnutzung: Reed für Dächer oder andere Baustoffe
  • Rohrkolbenanbau: mit seinem Luftgewebe in den Blättern ein hervorragender Dämm- und Baustoff
  • Nasswiesen: die Nutzung von Biomasse als Brennstoff für Heizwerke