Schwarz-Erle (Alnus glutinosa)
Kurzgefasst
Wasserstand: 0–20 cm unter Flur
Wasserstufe: 4+; forstlich O.2 Standorte
Etablierung:
Je nach Betriebsart (Hoch- oder Niederwald) durch Pflanzung und/ oder Stockausschlag (vollständig förderfähig)
Ertrag:
Im Hochwaldbetrieb 4–6 Nutzungen innerhalb von 60–80 Jahren mit einer Gesamtwuchsleistung von ca. 600–800 m³ je Hektar.
Im Niederwaldbetrieb 1 – 3 Nutzungen innerhalb von 20–40 Jahren mit einer Gesamtwuchsleistung von 200–500 m³ je Hektar.
Verwendung:
Nutzholz und/oder Energieholz
Emissionsminderung: ca. 18 t CO2-Äq. je Hektar und Jahr (im Vergleich zu nährstoffreichen, entwässerten Niedermooren, ohne Emissionsminderung durch Ersatz fossiler Rohstoffe).
Die Schwarz-Erle, auch Roterle genannt, ist eine heimische Laubbaumart mit hohem Lichtbedarf, sehr raschem Jugendwachstum und einer Lebensdauer von etwa 120 Jahren. Erlenwälder bilden oft Reinbestände und waren vor der Inkulturnahme der Moore weit verbreitet.
Die Erle ist an nasse Standorte sehr gut angepasst. Die Lentizellen an der Stammbasis sichern auch bei hohem Grundwasserstand eine ausreichende Sauerstoffversorgung der Wurzeln. Die Erle hat einen recht hohen Nährstoffbedarf, verfügt aber über die Fähigkeit, in Symbiose mit an ihren Wurzeln lebenden Bakterien die Stickstoff-Versorgung zu verbessern. Beste Zuwachsleistungen erbringt sie auf feuchten bis mäßig feuchten Standorten mit guter Nährstoffausstattung. Ein noch befriedigendes Wachstum ist unter halbnassen Bedingungen (forstlich O2 Standorte; 4+) zu erwarten. Standorte mit anhaltend sehr hoch anstehendem Grundwasser (forstlich O1 Standorte; 4+/5+) sind für einen wirtschaftlichen Anbau der Erle nicht mehr geeignet.
Flyer "Steckbrief Schwarz-Erle" (pdf | 0,6 MB)
Potential
Für eine forstwirtschaftliche Nutzung der Erle eignen sich besonders Moorstandorte, die nicht durch ganzjährige und vollständige Wassersättigung gekennzeichnet sind. Im Bereich halbnasser Standorte kann der Erhalt des Torfkörpers, teilweise auch eine positive Kohlenstoffbilanz mit einem Anbau der Erle einhergehen. Auf diesen Flächen ist entweder ein Hochwaldbetrieb zur Produktion von vornehmlich Nutzholz für eine stoffliche Verwendung, oder ein Niederwaldbetrieb, zur Erzeugung von vorrangig Energieholz, möglich.
Erle im Hochwald
Nutzholz im Hochwaldbetrieb
Die Produktionsdauer von Erlenwertholz beträgt 60–80 Jahre, ältere
Bestände entwerten durch Stammfäule. Produktionsziel ist die Erzeugung
von möglichst viel wertvollem Stammholz mit einem Brusthöhendurchmesser
von >45 cm bei Wertholzträgern. Die Gesamtwuchsleistung
bis zum Alter 60 liegt in der I. Ertragsklasse bei 600 –800 m³ je
Hektar.
Bestandesbegründung
Für die Produktion werden zweijährige verschulte Pflanzen mit einer
Größe von 80 – 120 cm empfohlen. Pro Hektar werden 3.000 –3.500
Stück bei einem Reihenabstand von 2 x 2 m gepflanzt. Auf nassen
Böden erfolgt die Pflanzung auf künstlich geschaffenen Bodenerhöhungen
(Rabatten). Weiterhin muss die Verwendung geeigneter Pflanzenherkünfte
und das Forstvermehrungsgutgesetz beachtet werden.
Pflege
Bis zum Alter von ca. 10 Jahren ist eine Jungwuchspflege durchzuführen,
jedoch sind nur besonders schlecht geformte Vorwüchse zu entnehmen.
Die Jungbestandspflege (Alter 10 – 25 Jahre) ist die wichtigste
Pflegephase. Sie ist verbunden mit der Auswahl von bis zu 120 Elitebäumen
je Hektar (besonders wüchsige Bäume mit guter Qualität). Sobald
diese eine grünastfreie Schaftlänge von 6 m haben, werden sie durch
mehrmalige kräftige Freistellung (2–3 Eingriffe) gefördert
Erle im Niederwald
Energieholz im Niederwaldbetrieb
Die Umtriebszeit im Niederwaldbetrieb liegt bei 20 –40 (60) Jahren.
Produktionsziel ist die Erzeugung von möglichst viel Schwachholz zur in
der Regel energetischen Verwendung. Die Gesamtwuchsleistung bis
zum Alter 30 liegt bei ca. 400 m³ je Hektar. Nach dem Abtrieb findet
eine Regeneration des Bestandes über Stockausschläge statt.
Bestandesbegründung
Für die Wirtschaft mit Stockausschlag werden ca. 500 vitale Stöcke je
Hektar benötigt. Nach 3 –4 Umtrieben setzt eine Verringerung des
Ausschlagvermögens der Stöcke ein, so dass ein stetiger Ersatz dieser
durch Pflanzung notwendig ist.
Pflege
Die Stockausschläge müssen im Sinne einer Pflege auf 2 –3 Stangen je
Stock (ab Durchmesser ca. 10 cm) vereinzelt werden.
Holzernte im Hoch- und Niederwaldbetrieb
Die Endnutzung erfolgt meist mittels Kulissenhieb (bis ca. 60 m breite
Streifen) oder Lochhieb (0,3 –0,5 ha große Löcher). Der Einschlag wird
motormanuell oder maschinell (z. B. Raupenharvester) durchgeführt.
Für die maschinelle Holzrückung werden z. B. Raupenforwarder oder
Seilkrantechnik eingesetzt. Die Wahl des Einschlags- bzw. Rückezeitpunktes
sollte möglichst zum Zeitpunkt des tiefsten Grundwasserstandes
erfolgen. Alt- und Totholz ist in angemessenem Umfang zu erhalten.
Verwertung
Stoffliche Verwertung
Das rötliche Holz der Erle (daher auch als Roterle bezeichnet) ist
weich und von gleichmäßiger, feiner Struktur. Es ist leicht und
unter Wasser sehr beständig. Im Hochwaldbetrieb produzierte
starke Stämme bester Qualität werden als Furnierstämme vermarktet.
Holz guter bis normaler Qualität wird neben verschiedenen
speziellen Verwendungen vorwiegend als Sägeholz für
den Massivmöbel- und Innenausbau gehandelt. Erlenschwachholz
aus Durchforstungen wird durch die Holzwerkstoff-Industrie
zur Herstellung von Span-, Faser- und OSB-Platten
nachgefragt.
Energetische Verwertung
Mittels Niederwaldbetrieb produziertes Erlenholz eignet sich in
Form von Stückholz oder Hackschnitzeln zur Verwendung als
Energieholz. Bei vergleichsweise langer Produktionszeit von 30 bis
40 Jahren kann auch die Produktion von Schwachholz für eine
stoffliche Verwendung im Vordergrund stehen. Der Erlenniederwald
ist gegenüber anderen Niederwaldtypen (z. B. Eichen-Niederwald)
am produktivsten. Auch auf ganzjährig wassergesättigten Standorten,
die für einen wirtschaftlichen Hochwaldbetrieb ausscheiden,
kann der Niederwaldbetrieb eine sinnvolle Nutzung darstellen.
Weiteres
Stand der Umsetzung & Forschungsprojekte
Die Erle stockt in Mecklenburg-Vorpommern auf ca. 40.000 ha. Sie ist
nach der Buche die zweithäufigste Laubbaumart im Land. Bezüglich
ihrer Bewirtschaftung liegen umfangreiche wissenschaftliche Erkenntnisse
und praktische Erfahrungen vor. Die umweltverträgliche Produktion
von Erlenwertholz auf wiedervernässten Niedermoorstandorten
wurde 2002 –2005 auf einer 10 ha großen Aufforstungsfläche erprobt
(DBU Projekt „Alnus“). Bodenschonende Holzrückverfahren mittels
Seilkran auf nicht befahrbaren Nassstandorten wurden im Projekt
„Umweltgerechte Bewirtschaftung der Erle auf Nassstandorten und
Förderung der Erlenholzverwendung“ untersucht. Die erprobte Seilkrantechnologie
erwies sich als geeignet, sehr bodenschonend, jedoch
vergleichsweise kostenintensiv. Praxistests verschiedener weiterer
bodenschonender Verfahren auf Basis von Raupentechnologie erfolgten
in dem Projekt „Bodenschonende Holzernte in geschädigten
Eschenbeständen auf Nassstandorten“.
Naturschutzrechtliche Anforderungen
Erlenwälder sind wertvolle Lebensräume für gefährdete Pflanzen- und
Tierarten. Aus diesem Grund sind sie häufig als Teil der Natura 2000-
Kulisse nach europäischem oder in Form von Naturschutzgebieten oder
gesetzlichen geschützten Biotopen nach nationalem Recht geschützt.
Die Behandlung von gesetzlich geschützten Erlenwäldern ist in
Mecklenburg-Vorpommern in der „Leitlinie – Naturschutzfachliche Anforderungen
an forstliche Nutzungen in Erlenwäldern, die dem gesetzlichen
Biotopschutz unterliegen“ geregelt.
Herausforderungen in Mecklenburg-Vorpommern
Für die Neuwaldbildung durch Erlenanbau nach erfolgter Wiedervernässung
von Mooren sieht das Konzept zum Schutz und zur Nutzung
der Moore 2009 eine Zielgröße von rund 10.000 ha bis zum Jahr 2020
vor. Bei der Umsetzung des Konzeptes stellt die Verfügbarkeit von
Flächen eine große Herausforderung dar. Der Anbau von Erlen ist voll
förderfähig, es bedarf jedoch Demonstrationsflächen zur Veranschaulichung
des konkreten Vorgehens. Unterstützung und Beratung wird
durch die Forstämter im Land angeboten.
Weitere Informationen
[1] Röhe, P. & Schröder, J. (2010) Grundlagen und Empfehlungen für eine nachhaltige Bewirtschaftung
der Roterle in MV. Schwerin, 49 S.
[2] Schäfer, A. & Joosten, H. (2005) Erlenaufforstung auf wiedervernässten Niedermooren –
ALNUS Leitfaden. DUENE, 68 S. (pdf)
[3] Sündermann & Röhe (2014) Vollmechanisierte Holzernteverfahren auf Nassstandorten.
Landesforst Mecklenburg-Vorpommern, Malchin. 35 S.
[4] Sündermann, J., Schröder, J. & Röhe, P. (2013) Bodenschonende Holzernte in geschädigten
Eschenbeständen auf Nassstandorten Erkenntnisse und Empfehlungen aus Fallstudien in Mecklenburg-
Vorpommern. Schwerin: Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Mecklenburg-
Vorpommern (LU). 44 S.
[5] Flyer "Steckbrief Schwarz-Erle" (pdf | 0,6 MB)